Ausbilder*in — Die eierlegende Wollmilchsau?
„Ich habe mich dazu entschlossen, die Aufgabe als Lehrlingsausbilder*in zu übernehmen, weil ich junge Menschen auf ihrem Weg begleiten und ihnen möglichst viel beibringen will.“ Mit solchen oder ähnlichen Gedanken starten viele Ausbilder*innen ihre Tätigkeit. Sehr schnell wird dann meist klar, dass das gar nicht so einfach ist. Als Ausbilder*in ist man für eine Vielzahl an offiziellen und inoffiziellen Aufgaben verantwortlich, die oft über die Vermittlung von fachlichem Wissen und fachlichen Fähigkeiten hinausgehen. Dabei kann schon einmal das Gefühl aufkommen, als Lehrlingsausbilder*in würde von einem erwartet, so etwas wie eine “eierlegende Wollmilchsau“ zu sein. Doch stimmt das?
Lehrlingsausbilder*in zu sein bedeutet, viele unterschiedliche Rollen einnehmen zu können
Was definitiv stimmt: Als Ausbilder*in kommt eine breite Palette an Aufgaben auf einen zu. Man ist gleichzeitig Lehrer*in, Erzieher*in, Kolleg*in, Mentor*in und Vorgesetzte*r. Diese Vielzahl an unterschiedlichen Rollen kann schon einmal verwirren und überfordern. Im einen Moment gilt es als Vorgesetzte*r klare Regeln aufzustellen und Grenzen zu setzen und im nächsten Moment ist es gefragt als Kolleg*in Interesse (auch für die privaten Probleme) zu haben. Dabei stellt sich immer wieder die Frage nach dem schmalen Grat zwischen Sympathie und Respekt. Ausbilder*innen sehen sich oft vor der Herausforderung, nicht zu wissen, wie sie diesen schmalen Grat hinbekommen.
Einige Fragen, die wir von Ausbilder*innen oder zukünftigen Ausbilder*innen immer wieder hören, klingen etwa so: „Wie streng muss ich mit meinem Lehrling sein, damit er mich ernst nimmt?“ „Wie schaffe ich es, dass mein Lehrling mich mag und sich in der Firma wohl fühlt?“ „Ist es am Anfang besser streng zu sein und dann netter zu werden oder soll ich zuerst nett sein und dann strenger werden?“
Als Ausbilder*in muss uns auf jeden Fall klar sein, dass wir mit jungen Menschen in einer der größten Veränderungsphasen ihres bisherigen Lebens arbeiten. Diese Tatsache bringt viel Verantwortung mit sich. Wir begleiten Jugendliche dabei durch einen langfristigen Prozess mit vielen unterschiedlichen Höhen und auch Tiefen. Das birgt sowohl für Lehrlinge als auch für Ausbilder*innen Herausforderungen. Zu einem gewissen Maß heißt das z.B. auch Reibebaum für meine Lehrlinge zu sein. Durch Reibung entsteht Energie und im Falle meines Lehrlings auch Weiterentwicklung. Daher ist es wichtig, als Ausbilder*in einen sicheren Rahmen zu schaffen, in dem mein Lehrling sich entwickeln kann.
Dazu gehören aber auch klare Regeln. Wichtig hierbei ist es, meinem Lehrling den Sinn dieser Regeln zu erklären und transparent aufzuzeigen, welche Konsequenzen eine Nichteinhaltung hat.
Zu einem sicheren Rahmen gehört ebenso eine Atmosphäre, in der Fehler passieren dürfen. Die moderne Lernpsychologie sagt uns, dass der Lernerfolg zum größten Teil von der Beziehung zwischen Lehrperson und Lernendem abhängt.
Als Ausbilder*in gilt es daher, Raum zu geben für selbstständiges Ausprobieren, bei dem es in Ordnung ist, auch einmal zu scheitern, um daraus zu lernen.
Durch das Erkennen von Fehlern wird Veränderung möglich. Auch wenn das im ersten Moment nicht immer angenehm für Ausbilder*innen oder Lehrlinge ist, so ist es langfristig gesehen doch notwendig.
Hier 3 Quick-Tipps für die Rolle als Ausbilder*in:
- Meinen Lehrling als wichtigen Mitarbeiter anerkennen und seine Meinung ernst nehmen.
- Einen klaren und transparenten Rahmen an Regeln und Vereinbarungen schaffen.
- Den Sinn jedes Arbeitsauftrages und jeder Regel erklären und mit Beispielen erläutern.
Zum Abschluss ein Zitat: „Erfolg ist die Bewegung des Potenzials in die richtige Richtung.“