Mitarbeiter und Lehrlinge der jeweiligen Situation entsprechend führen – geht das überhaupt?
Eine führende Position oder eine führende Rolle zu haben, ist an sich schon eine herausfordernde Aufgabe. Sei es in der Rolle als Geschäftsführer*in oder als Leiter*in einer Abteilung oder in der Rolle als Lehrlingsausbilder*in. Dann haben Sie sich vielleicht schon einmal die ein oder andere Frage gestellt: Bin ich eine gute Führungskraft? Wie sehen mich meine Mitarbeiter*innen? Gibt es eigentlich in der Führung von Jugendlichen Unterschiede zur Führung von Erwachsenen? Was tue ich, wenn einmal schwierige Situationen oder Entwicklungskrisen auftreten?
Dieser Artikel kann Ihnen dabei helfen Antworten auf die ein oder andere Frage zu finden, aber vor allem eine Idee davon zu bekommen, wie man seine Mitarbeiter oder seinen Lehrling/e der jeweiligen Situation angemessen führen kann.
Strategien als Führungsposition
Sie haben schon einmal reflektiert, wann Menschen in Ihrem Umfeld von Ihnen gelernt haben und wann es eher nicht so gut funktioniert hat. Dann sind Sie wahrscheinlich schon auf den Entschluss gekommen, dass Menschen von Menschen nur dann gut lernen, wenn sie die Person, von der sie lernen, akzeptieren und sich mit dieser identifizieren können. Das Lernen ist zu einem großen Teil Beziehungsarbeit. Und gerade Jugendliche haben sehr spezielle Bedürfnisse an ihre Führungspersonen. Oft reicht es nicht nur in der Hierarchie Chef zu sein, nein, es braucht wirkliche und vor allem akzeptiert Führungspositionen.
Wenn die Mitarbeiter*innen oder Lehrlinge von ihrer Führungsperson überzeugt sind und sich mit ihr identifizieren können, dann werden Aufgaben oder Aufträge nicht nur erledigt weil „der/die Chef*in es sagt“, sondern weil sie wirklich davon überzeugt sind. Das wiederum führt dazu, wenn Menschen etwas tun, weil sie davon überzeugt sind, dass sie es viel lieber tun und Dinge/Tätigkeiten so leichter von der Hand gehen.
Was braucht es dafür?
Um eine Form von Identifikation herzustellen braucht es im Grunde genommen Vertrauen, Akzeptanz und natürliche Autorität.
Um das zu erlangen gibt es viele Möglichkeiten, ich möchte Ihnen 3 mögliche Strategien kurz anführen:
- Führung durch Vorbild sein
- Führung durch Verstehen
- Führung durch Rücken stärken
Mehr Informationen zu den einzelnen Strategien bekommen Sie in der Ausbildung zum/r Lehrlingsausbilder*in.
Verhalten als Führungsperson
Als führende Person ist es wichtig, flexibel zu sein und mehrere Führungsstile parat zu haben. Warum? Um mit möglichst unterschiedlichen Situationen und Menschen umgehen zu können. Die wahrscheinlich bekanntesten Führungsstile sind beispielsweise, der…
- Autoritäre Führungsstil
- Laissez-faire Führungsstil
- Demokratische Führungsstil
Jetzt kann es sein, dass sie sich für einen dieser Stile bereits entscheiden haben und drauf und dran sind dem auch treu zu bleiben. Vielleicht haben Sie aber auch schon die Erfahrung gemacht, dass es manchmal Situationen gibt in denen Sie führungstechnisch anstehen, einfach nicht weiterkommen. So können Sie, wenn Sie Lust haben einmal eintauchen in die Welt der Führungsstile um eventuell den ein oder anderen kennenzulernen und einmal auszuprobieren.
Um ein breites Spektrum an Möglichkeiten zu haben, könnten Sie einen der folgenden Führungsstile (nach D. Goleman) anwenden:
- Der visionäre Führungsstil
- Der coachende Führungsstil
- Der gefühlsorientierte Führungsstil
- Der demokratische Führungsstil
- Der fordernde Führungsstil
- Der befehlende Führungsstil
All jene Führungsstile unterscheiden sich voneinander. Auch jeder einzelne von uns ist anders, genauso, wie jeder Mitarbeiter und Lehrling individuell ist und andere Dinge braucht und fordert. Und als ob das nicht schon genug wäre, ist die nächste Challenge, all diese Faktoren auch noch auf die jeweilige Situation abzustimmen.
Klingt schwierig — muss es aber nicht sein.
“Eine Führungsperson verstellt sich nicht und weiß ganz genau,
wie er das Feuer in der Mannschaft entfacht. Gleichzeitig lockert er die Stimmung immer wieder auf,indem er hier und da auch mal einen Witz macht.“
Emre Can
Situatives Führen
Universelle Führungstheorien zeigen, dass der Führungserfolg auch von den Rahmenbedingungen abhängig ist, in denen sich der Vorgesetzte und sein Mitarbeiter oder Lehrling jeweils befinden. Einer der ersten Theorien dieser Art stammt von Fiedler, der im Jahr 1967 schon davon überzeugt war, dass der Führungserfolg von folgenden Faktoren abhängig sei:
- Der persönlichen Beziehung zwischen dem Vorgesetzten und seinen Mitarbeitern
- Dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstruktur
- Der Positionsmacht des Vorgesetzten
Damit wurde zum Ausdruck gebracht, das je nach Ausprägung dieser Faktoren ein anderes Führungsverhalten erforderlich sei. 1977 beschrieben Paul Hersey und Ken Blanchard dann mit ihrer Weiterentwicklung dieser Theorie, wie dieses Verhalten konkret aussehen sollte. Die beiden unterscheiden zwischen einem mehr aufgabenbezogenen und einem mehr personenbezogenen Führungsstil. So ergibt sich, dass je nach Reifegrad und Motivation der zu führenden Person ein anderes Verhalten des Vorgesetzten erfolgsversprechend ist.
So kommt es zu vier empfohlenen Verhaltensweisen:
Führungsstil 1
Bei einer niedrigen Kompetenz der Mitarbeiter*in/des Lehrlings wird eine wird eine hohe Aufgabenorientierung bei einer gleichzeitigen niedrigen Beziehungsorientierung empfohlen. (→ anweisen)
Führungsstil 2
Bei einer geringen bis mäßig vorhandenen Kompetenz, das heißt, wenn sich der Mitarbeiter*in/der Lehrling bereits weiterentwickelt haben, wird gleichzeitig ein stark mitarbeiterbezogener und aufgabenbezogener Führungsstil angewendet. (→ anleiten)
Führungsstil 3
Bei einer mäßigen bis hohen Kompetenz des Mitarbeiters*in/ des Lehrlings sollte der Vorgesetzte stark mitarbeiterbezogen und gleichzeitig weniger aufgabenbezogen führen (→ partizipieren)
Führungsstil 4
Sehr kompetente Mitarbeiter*innen und Lehrlinge brauchen weder besondere Zuwendung noch detaillierte Vorgaben. In diesem Fall sollte man Verantwortung → delegieren.
So kommen Hersey und Blanchard zu folgendem Ergebnis: Erfolgreich sind diejenigen Führungspersonen, die je nach Situation den passenden Führungsstil anwenden.
Mehr Informationen zu dieser Theorie, und vor allem eine persönliche Einschätzung über die Effektivität Ihres Führungsverhaltens bekommen Sie im Webinar „Situatives Führen“ in der digitalen Ausbildung zum Lehrlingsausbilder*in.